«Auf dass jeder wisse, wie unabhängig sie sei»
Zur Einweihung der Tonhalle Zürich 1895 hat Ricarda Huch ein Stück geschrieben. Die Braunschweiger Philosophin und Historikerin war als eine der ersten Frauen überhaupt an der Universität Zürich promoviert worden. Gemeinsam mit dem Literaturhaus Zürich haben wir der Erfolgsautorin Zora del Buono nun, zum selben Anlass, eine Carte Blanche gegeben.
Entstanden ist eine Erzählung in drei Teilen, so erfrischend und elegant, dass wir sie unbedingt mit all jenen unter Ihnen teilen möchten, die sie gestern nicht gehört haben, als Schauspielerin Miriam Japp sie in Anwesenheit der Autorin einem begeisterten Publikum vortrug. Vielleicht aber gerade auch diesem – zum Nochmals- und Nochmalslesen.
Ein erster Teil, in dem eine junge Frau die Einweihung der Tonhalle 1895 erlebt, wo sie nicht nur Champagner trinkt und der Dichterin Ricarda Huch begegnet, sondern auch andere Glücksgefühle vernimmt.
Ein zweiter Teil aus Sicht deren Tochter, die als ältere Frau Noten blättert in der Tonhalle, an einem Abstimmungssonntag des Jahres 1959, der zu Glücksgefühlen für die Frauen des Landes hätte führen können.
Und ein dritter Teil, der in der Gegenwart spielt, im slowenischen Hafenstädtchen Koper, wo die ehemalige Orgel der Tonhalle eingeweiht wird, Glücksgefühle auch da.
Während Miriam Japp Zora del Buonos Text am 16. Januar 2022 in der Grossen Tonhalle las, umrahmt von Brahms' Ungarischen Tänzen (Brahms wie damals, 1895), sass die Autorin im Saal, studierte die Deckenmalereien und dachte sich Geschichten aus. Und ihre Protagonist*innen führten mit Charme, Witz und Wärme durch 127 Jahre Gesellschaftsgeschichte, um die Zuhörer*innen bald spielerisch im Hier und Jetzt zu verorten.
An der neuen Tonhalle-Orgel sass eine Frau – Margrit Fluor. Damit, sagt Zora del Buono, schliesse sich ein Kreis. Ihren Text indessen schliesst sie mit der dritten Generation der Linie jenes Mädchens, das zur Eröffnung der Tonhalle 1895 Champagner trank, es verabschiedet die Lieblingstante, die sich ihr Leben lang Fräulein rufen liess: «Auf dass jeder wisse, wie unabhängig sie sei».