Sir Georg Soltis Fabbrini-Steinway in der Tonhalle Zürich
Der Fabbrini-Steinway, der einst Sir Georg Solti gehörte, wird nun in der Tonhalle Zürich gespielt. Denn der Dirigent hatte eine enge Verbindung zur Stadt und zu unserem Orchester.
Sir Georg Solti wurde 1912 in Budapest als György Stern geboren. 1939 kam er als Flüchtling nach Zürich. Er galt damals als talentierter Pianist – und als er 1942 den ersten Preis beim Concours de Genève gewann, erhielt er diverse Einladungen von Schweizer Konzerthäusern.
Vor allem aber wollte er dirigieren. 1943 entstand im Zürcher Radiostudio eine Testaufnahme mit einigen Mitgliedern des Tonhalle-Orchesters Zürich. Er dirigierte das Orchester auch in der Tonhalle Zürich, zunächst im kleinen Saal.
1946 zog Solti nach München, wo er Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper wurde. Aber der Kontakt zu Zürich blieb eng: Im Januar 1947 unterzeichnete er hier seinen Vertrag mit dem Label Decca. Die erste Aufnahme galt Beethovens «Egmont»-Ouvertüre mit dem Tonhalle-Orchester Zürich.
Auch danach stand er regelmässig vor dem Orchester – in Zürich wie auch auf Tournee. Im Juli 1997, kurz vor seinem überraschenden Tod, dirigierte er in der Tonhalle Zürich Mahlers Sinfonie Nr. 5. Es war sein letztes Konzert, das auch auf CD dokumentiert ist.
Der Fabbrini-Steinway
Bei einem Konzert in Bologna 1986 entdeckte Solti jenen Steinway-Flügel, der nun in der Tonhalle Zürich steht. Kurz nach seinem 70. Geburtstag und auf dem Höhepunkt seiner Dirigenten-Karriere hatte er sich erneut dem Klavier zugewandt. Zusammen mit Murray Perahia gab er eine Reihe von Konzerten mit Werken für zwei Klaviere.
Die Instrumente für das Konzert in Bologna hatte Angelo Fabbrini zur Verfügung gestellt, der offizielle Steinway-Vertreter in Pesaro, der die Instrumente jeweils sehr persönlich einrichtete. Solti war so begeistert von diesem Instrument, dass er fragte, ob er es kaufen könne. Er bekam es dann als Überraschungsgeschenk zu seinem 74. Geburtstag. Ab dann stand es in seinem Studio in London. Nach seinem Tod wurde es während 20 Jahren bei regelmässigen Anlässen, die seine Witwe Lady Valerie Solti organisierte, von jungen Talenten gespielt.
Die Förderung von jungen professionellen Musiker*innen ist das zentrale Anliegen der Solti Foundation – und ein Hauptgrund dafür, dass der Flügel nun in der Kleinen Tonhalle eine neue Heimat gefunden hat.
Charles Kaye, langjähriger Mitarbeiter von Solti und vertrauter Berater der Familie Solti, nahm die Gespräche mit Soltis beiden Töchtern und der Intendantin der Tonhalle, Ilona Schmiel, auf, die zu dieser besonderen Vereinbarung führten. Sie wurden dabei von Sir András Schiff beraten, der selbst in seinen frühen Jahren als junger Pianist in London von Solti gefördert worden war.
Nach sechsmonatigen Verhandlungen mit den CITES- und Zollbehörden in Grossbritannien, Italien und der Schweiz konnte das Instrument schliesslich von London in die Werkstatt von Angelo Fabbrini in Pescara transportiert werden. Fabbrini überwachte persönlich die detailgenaue Restaurierung und die Neuintonierung des einzigartigen Klangs über einen Zeitraum von acht Monaten von 2024 bis 2025. Danach wurde das Instrument nach Zürich transportiert.
Die Transporte sowie die Restaurationsarbeiten waren möglich dank der grosszügigen finanziellen Unterstützung von Adrian T. Keller und Lisa Larsson, die auch die weitere Zusammenarbeit mit der Solti Foundation fördern.
Der Fabbrini-Steinway in Film und Aufnahme
Im Oktober 1987, nach einem Jahr intensiven Übens auf seinem geliebten Steinway, spielte Solti zusammen mit Murray Perahia und den Perkussionist*innen Evelyn Glennie und David Corkhill die «Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug» seines einstigen Lehrers und Mentors Bela Bartók ein. Das Werk bedeutete ihm viel: 1938 war er bei der ungarischen Erstaufführung durch den Komponisten und seine Frau als Blattwender dabei gewesen.
Die Einspielung wurde von einem Film-Team der Portobello Productions begleitet. Der Dokumentarfilm und die Aufführung des Werks auf jenem Instrument, das nun in der Tonhalle Zürich steht, können dank der Erlaubnis durch die Produzenten hier gezeigt werden. (Die englische Version des Dokumentarfilms finden Sie hier.)
Solti und der Fabbrini-Steinway – Timeline
- 1912 Geboren am 21. Oktober in Budapest als György Stern.
- 1924–1930 Studiert an der Franz Liszt Musikakademie in Budapest unter anderem bei Béla Bartók, Ernst von Dohnányi, Leó Weiner and Zoltán Kodály.
- 1926 Ungarisierung des Nachnamens zu Solti.
- 1935–1937 Assistent von Bruno Walter und Arturo Toscanini in Salzburg.
- 1938 Debüt als Dirigent an der Oper Budapest («Le Nozze di Figaro», 11. März). Dirigiert die Ballets Russes von Monte Carlo in London. Änderung des Vornamens zu Georg.
- 1939 Solti reist nach Luzern, um Toscanini zu treffen. Seine Bemühungen, in die USA zu emigrieren, scheitern. Er bleibt als Flüchtling in der Schweiz.
- 1942 Er dirigiert seine ersten Konzerte in der Tonhalle Zürich und anderen Schweizer Konzerthäusern. Gewinnt den Concours de Genève in der Kategorie Klavier.
- 1943 Testaufnahme für das Label Decca mit einigen Mitgliedern des Tonhalle-Orchesters Zürich im Radiostudio Zürich.
- 1944–1946 Verschiedene Klavier-Rezitale und Orchesterkonzerte in der Tonhalle Zürich.
- 1946 Solti verlässt Zürich und wird Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper in München. Heiratet die Schweizerin Hedwig (Hedi) Oechsli (die Ehe hält bis 1964).
- 1947 Exklusivvertrag mit dem Label Decca, der in Kraft bleibt bis zu Soltis Tod 1997. Seine Aufnahmen tragen ihm 31 Grammys und zahlreiche weitere Auszeichnungen ein.
- 1952–1961 Generalmusikdirektor der Frankfurter Oper.
- 1952 Konzert mit dem Tonhalle-Orchester Zürich (weitere Konzerte finden 1960, 1972, 1974, 1978, 1985, 1987, 1990, 1992, 1996 und 1997 statt).
- 1953 Westdeutsche Staatsbürgerschaft.
- 1958–1965 Erste komplette Studio-Stereo-Aufnahme von Wagners «Ring des Nibelungen» mit den Wiener Philharmonikern.
- 1961–1970 Musikdirektor am Royal Opera House, Covent Garden, London.
- 1967 Heirat mit der BBC-Moderatorin Valerie Pitts (1937-2021).
- 1968 Erhält Ritterorden von Königin Elizabeth II.
- 1972 Britische Staatsbürgerschaft.
- 1986 Konzert als Pianist mit Murray Perahia in Bologna – Entdeckung des Fabbrini-Steinways, den er zu seinem 74. Geburtstag geschenkt bekommt.
- 1987 Aufführung von Béla Bartóks «Sonate für zwei Klaviere und Schlagzeug» in der Tonhalle Zürich. CD-Aufnahme und Film zu diesem Werk.
- 1995 Gründung des World Orchestra fro Peace zusammen mit Charles Kaye. Erstes Konzert beim 50-Jahr-Jubiläum der UNO in Genf mit Teilnahme einiger Musiker*innen des Tonhalle-Orchesters Zürich.
- 1996 Spanientournee mit dem Tonhalle-Orchester Zürich.
- 1997 Letztes Konzert mit dem Tonhalle-Orchester Zürich und Mahlers Sinfonie Nr. 5 im Juli. Solti stirbt am 5. September in Antibes.
- 2000 Gründung der Solti Foundation. Das Ziel der Stiftung ist die Unterstützung von jungen Talenten am Anfang ihrer professionellen Karriere.
- 2026 Der Solti-Fabbrini-Steinway wird in der Tonhalle Zürich eingeweiht durch Sir András Schiff.
