«Ha! Welch ein Augenblick!»
Halbszenisch und ganz-musikalisch: Mit Beethovens «Fidelio» gab es eine ganz besondere Opernproduktion in die Tonhalle Zürich.
Es gibt verschiedene Arten von Kerkern. Solche mit dunklen Verliesen, schweren Türen und Kerkermeistern. Und andere, innere: Für Beethoven zum Beispiel war seine Taubheit ein Gefängnis. Das schlechte Gehör isolierte ihn von den anderen, es zwang ihn in die Einsamkeit. Sein Wunsch nach Liebe blieb unerfüllt – anders als bei Florestan, dem Protagonisten in seiner einzigen Oper «Fidelio»: Der wird am Ende befreit dank seiner Leonore, die sich als Mann verkleidet in den Kerker schmuggelt.
Eva Buchmann, die Regisseurin unserer halbszenischen Produktion des «Fidelio», hat diese Parallelen zwischen Leben und Werk ins Zentrum ihrer Interpretation gestellt. Wenige Gesten und Requisiten reichten aus, um die Geschichte zu erzählen. Und zwischen den musikalischen Nummern las Stefan Kurt Ausschnitte aus Beethoven-Briefen und dem Heiligenstädter Testament. Eine reizvolle Idee, befand die NZZ in ihrer Besprechung der Aufführung.
Revolutionärer Tonfall
Und die Musik selbst, die auch für eine CD eingespielt wurde? Die NZZ rühmt die packende Dynamik, die das Orchester unter Paavo Järvi entwickelt: «Die Tempi sind durchweg fliessend, die Akzente scharf und der Tonfall so rau wie in französischen Revolutionsmusiken jener Epoche». Hochkarätig war auch das Vokalensemble mit Michael Schade als Florestan, Christof Fischesser als Rocco, Patrick Grahl als Jaquino – Shenyang als Don Pizzarro hätte sein «Ha! Welch ein Augenblick!» immer wieder auch auf ihren Auftritt münzen können.
Dazu kamen zwei Sängerinnen, die nicht nur vom Publikum enthusiastisch gefeiert wurden. Um noch einmal die NZZ zu zitieren: «Schlicht hinreissend ist die jugendliche Marzelline von Katharina Konradi. Und wenn Jacquelyn Wagner die gefürchtete Leonoren-Arie so strahlend mühelos in den Ausruf ‹Mich stärkt die Pflicht der treuen Gattenliebe!› münden lässt, bekommt man eine Ahnung, wie Beethoven sich das wohl vorgestellt hat: die visionäre Befreiung des Mannes durch ein ‹holdes Weib›.»