klubZ

Ein Kühlschrank und viele Fragen

Nach dem Konzert mit einer Solistin sprechen? Die Mitglieder des klubZ können das regelmässig.

Susanne Kübler

Normalerweise steht in der Kleinen Tonhalle kein Kühlschrank neben der Bühne. Aber wir sind hier bei einem Anlass des klubZ, bei dem sich die jüngeren Klassikfans treffen – da ist nicht nur der Altersdurchschnitt im Saal etwas anders als sonst. Rund 60 Leute sind da, die Atmosphäre ist entspannt. Man holt sich ein gekühltes Bier oder ein Wasser, leert die Schälchen mit Chips und Nüsschen, redet über das erlebte Konzert oder etwas ganz anderes und wartet auf die Hauptattraktion: auf die Cellistin Anastasia Kobekina, die davor im grossen Saal Haydns C-Dur-Konzert gespielt hat.

Dann ist sie da, setzt sich auf den Bühnenrand und beantwortet Fragen aus der Runde, in die sie mit ihren 30 Jahren bestens hineinpasst. Ja, sie sei aufgeregt vor dem ersten Ton, «aber ich versuche, die Ruhe zu finden und denke ganz bestimmt nicht darüber nach, ob ich nun das Bügeleisen ausgesteckt habe». Und ja, ihr Cello ist eines von Stradivari, «ich spiele es noch nicht lange, das Haydn-Konzert habe ich an diesem Abend zum ersten Mal damit aufgeführt – ich habe selbst gestaunt, was damit möglich ist!» Dann fragt sie auch zurück: «Die Bars hier in der Umgebung schliessen so früh, wie macht ihr das nach dem Konzert?»

Am Rand des Geschehens steht Morris Wolf, Doktorand in Maschinenbau an er ETH, Komponist mit mehr als nur hobbymässigen Ambitionen und Präsident des klubZ. Er ist 29 Jahre alt und hat ein klares Ziel: «Wir wollen die Klassik als Freizeitprogramm normalisieren.» Dass er nicht die übliche Formulierung vom «Abbau der Hemmschwellen» wählt, ist kein Zufall: Der klubZ hat keine pädagogische Mission, auch keinen Vermittlungsauftrag, «wir wollen einfach interessante Angebote machen». Die Mitglieder seien «erfreulich unterschiedlich»; natürlich hätten etliche einen bildungsbürgerlichen Hintergrund, «aber die meisten sind über Kontakte dazugekommen». Altersmässig umfasst die Bandbreite etwa zwei Jahrzehnte, das Etikett «jung» wird grosszügig verstanden: Bis 40 ist man dabei.

Einblicke und Kontakte

Gegründet wurde der klubZ 2012 von Mitgliedern des Freundeskreis-Vorstands und der Geschäftsleitung der Tonhalle-Gesellschaft Zürich (TGZ), damals hiess er noch TOZzukunft. Auch andere Kulturhäuser setzen auf Nachwuchs-Vereinigungen, um ein jüngeres Publikum zu erreichen, was die Möglichkeiten zur Vernetzung zusätzlich vergrössert: So sind an diesem Abend auch etliche «Junge Freund:innen» des Opernhauses Zürich in die Kleine Tonhalle gekommen.

Rund 650 Mitglieder hat der klubZ, Tendenz steigend. Denn das Angebot ist attraktiv: finanziell, dank günstigen Billettpreisen für sämtliche Konzerte der TGZ. Dazu kommt der soziale Aspekt – viele klubZ-ler verabreden sich auch jenseits der organisierten Anlässe für gemeinsame Konzertbesuche. Vor allem aber zieht das inhaltliche Angebot: Es gäbe zweifellos nicht wenige ältere Konzertgänger*innen, die einiges dafür geben würden, einer Anastasia Kobekina Fragen stellen zu können. Und dann ist da jeweils das Sommerfest, das die klubZ-ler zusammen mit jüngeren Orchestermitgliedern feiern: auch dies ein Anlass, der Einblicke und Kontakte ermöglicht, die ansonsten nicht zu haben sind.

Bleibt noch die institutionelle Frage: «Bringt» der klubZ, was er soll? Wächst hier tatsächlich das Publikum der Zukunft heran, wie das Z im Namen verspricht? Marta Lisik, die bei der TGZ das Fundraising und auch den klubZ betreut, ist gleichzeitig realistisch und optimistisch: «Viele kommen weiterhin zumindest gelegentlich in die Tonhalle, bei anderen verschieben sich die Prioritäten» – für die meisten 40-Jährigen stehen nun mal die Familie und der Job im Vordergrund. «Aber wenn die Leute im klubZ eine gute Zeit haben, werden sie sich irgendwann daran erinnern.»

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veröffentlicht: 13.11.2025

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