Die Stradivari «Joachim-Ma» wurde für 11,25 Millionen US-Dollar versteigert. (Foto: zVg)
Klingende Kapitalanlagen

Viersaitige Kostbarkeiten

Die Solist*innen in der Tonhalle Zürich spielen zum Teil auf Instrumenten, für die man sich ein Haus kaufen könnte. Wie ist das möglich?

Franziska Gallusser

Wochenlang wurde es in den Medien heiss diskutiert: Wer wird Stradivaris «Joachim-Ma» von 1714 bei Sotheby’s in New York ersteigern? Wird sie – mit einem Schätzwert von 12 bis 18 Millionen US-Dollar – das teuerste Instrument der Welt? Immerhin stammt sie von einem der besten Geigenbauer aller Zeiten. Benannt ist sie nach den Virtuosen Joseph Joachim und Si-Hon Ma. Joachim zählte das Instrument «zu den vorzüglichsten in Europa» und spielte 1879 vermutlich die Uraufführung des Violinkonzerts von Johannes Brahms darauf. Ma – der Student eines Joachim-Schülers – erwarb die Geige 1967. Nach seinem Tod im Jahr 2009 kam sie an das New England Conservatory mit der Vereinbarung, dass sie eines Tages verkauft werden könnte, um Stipendien für Studierende zu finanzieren. Dieser Moment war am 7. Februar 2025 gekommen.

2011 schaffte es eine andere Stradivari, die «Lady Blunt» (benannt nach Anne Blunt, der Enkelin von Lord Byron), in das Guinness-Buch der Rekorde, als sie für 15,9 Millionen US-Dollar versteigert wurde. Die wertvolle Violine ging an einen privaten Käufer – und verschwand wieder aus der Öffentlichkeit. Das ist jedoch kein Regelfall. Oft finden die Instrumente ihren Weg zurück auf die Bühne. Beispiele dafür gibt es zuhauf. Am Abend der Versteigerung der «Joachim-Ma» war Anastasia Kobekina bei uns zu Gast. Sie spielte auf einem Violoncello von Antonio Stradivari aus dem Jahr 1698. Auch Isabelle Faust («Dornröschen», 1704) und Leonidas Kavakos («Willemotte», 1734) werden noch in dieser Saison in der Grossen Tonhalle auf «Strads» – wie die Kenner*innen sie salopp nennen – zu erleben sein; Augustin Hadelich dagegen spielt eine Violine von Giuseppe Guarneri del Gesù von 1744, bekannt als «Leduc, ex Szeryng».

Wie ist das möglich? Besitzen sie alle diese viersaitigen Kostbarkeiten? Nein, Kavakos ist von den Genannten der einzige, dem seine Geige gehört. In der Klassikbranche ist es gang und gäbe, dass die besten und wertvollsten Instrumente an Musiker*innen ausgeliehen werden. Die Besitzer*innen profitieren nämlich davon: Ob Violine, Viola oder Cello, die Instrumente berühmter Meister wie Antonio Stradivari, Giuseppe Guarneri del Gesù oder Nicola Amati steigen stetig in ihrem Wert, erst recht, wenn sie von renommierten Virtuos*innen gespielt werden – und gelten daher als stabile Kapitalanlage. Manchmal werden sie dabei von Stiftungen vermittelt, so zum Beispiel von der Maggini-Stiftung in Basel. Dort stellen Privatpersonen, Sammler*innen, Unternehmen, Banken und Versicherungen aus aller Welt ihre einzigartigen Instrumente, die teilweise den Preis von Einfamilienhäusern haben, den Musiker*innen zu günstigen Mietpreisen zur Verfügung.

Ob dies auch bei der «Joachim-Ma» so sein wird, steht noch in den Sternen: Der Käufer möchte anonym bleiben, teilte Sotheby’s mit. Die Geige wurde übrigens für 11,25 Millionen US-Dollar verkauft und verfehlte damit den Auktionsrekord. Dennoch dürfte sie das drittteuerste Instrument sein, das jemals versteigert wurde. Nun bleibt zu hoffen, dass sie nicht das Schicksal der «Lady Blunt» teilt und wir eines Tages in den Genuss kommen werden, diese «vorzügliche» Violine in der Tonhalle Zürich zu hören.

veröffentlicht: 17.04.2025

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