Hauptsache leicht
Die einen haben eine Fotogalerie in ihrem Instrumentenkoffer, für andere ist er «kein bisschen persönlich». Eine Spurensuche.
Wenn die Bratschistin Ursula Sarnthein mit ihrer Barockgeige unterwegs ist, kann man sie nicht übersehen: Denn sie transportiert das Instrument in einem «Krokodilkoffer», wie sie ihn nennt, einem grasgrünen Prachtexemplar. Geigenkästen seien schon immer wichtig gewesen für sie, erzählt sie: «Als Kind suchte ich eine Möglichkeit, den Koffer mit einem alten Gürtel über die Schulter zu hängen, statt ihn in der Hand zu tragen, damit ich weniger auffiel im Dorf.» Später, im Studium, musste es ein eckiger Kasten sein, der wirkte professioneller als ein geformter. Und bis heute trägt sie neben den Instrumenten stets Fotos ihrer Liebsten mit.
Mit den Jahren ist sie allerdings pragmatischer geworden – wie die meisten ihrer Orchester-Kolleg*innen. Klein und leicht müssen die Kästen sein, darüber sind sich alle einig. Die Farbe dagegen ist eher Nebensache; abgesehen von der grünen Ausnahme und einem diskret dunkelroten Koffer sieht man schwarze, weisse, Instrumentenkoffer vielleicht mal einen metallisierten. Und Fotos? «Früher mal, aber heute nicht mehr», lautet die häufigste Antwort auf die Frage.
So persönlich die Beziehung zum eigenen Instrument ist, so sachlich scheint jene zu den Koffern zu sein. Geschichten dazu gibt es dennoch. Die Violinistin Isabel Neligan etwa hat von ihrem Mann das perfekte Exemplar geschenkt bekommen: eines, das so tief am Rücken platziert ist, dass sie damit Velofahren kann, ohne dass es mit dem Helm kollidiert. Der Geiger Alican Süner dagegen setzt auf einen Doppelkoffer, weil er oft mit zwei Instrumenten unterwegs ist. Und sein Kollege Marc Luisoni schwärmt vom alten und wunderbar leichten Kasten seines Sohnes, der eines Tages nicht mehr Violine spielen wollte. Nun will er allerdings doch wieder, was der Vater mit zumindest ironischerweise gemischten Gefühlen kommentiert: «Jetzt müssen wir diskutieren, wer den Kasten bekommt!»
Falls er sich einen neuen anschaffen muss, hat er die Qual der Wahl. Die billigsten aus Hartschaum sind für 25 Franken zu haben, ein handgefertigtes Exemplar aus sechslagigem Holzlaminat mit monolithischem Aufprall- Dämpfungs-System kostet rund das Siebzigfache. Dazwischen gibt es Geigenkästen in jeder Preisklasse mit oder ohne Schwebelagerung, Drehbogenhalter, wasserabweisender Hülle und allerlei mehr.
Und die Entwicklung geht weiter, nicht nur bei den Streichinstrumenten. So erzählt der Solo-Posaunist David Bruchez-Lalli von neuen Posaunenkoffern, die entwickelt wurden, weil bei manchen Instrumenten inzwischen der Schalltrichter abgeschraubt werden kann. So können sie kompakter verpackt werden, «die Koffer sehen aus wie Bratschenkoffer». Er selbst hat noch einen traditionellen Kasten, gross, aber bis auf den letzten Quadratzentimeter ausgenutzt. Für Fotos hätte es darin beim besten Willen kein bisschen Platz.