Warum setzen wir den Genderstern?
Die Debatte um das Sternchen erhitzt die Gemüter auch in der Tonhalle Zürich. Zeit für eine Abkühlung.
Liebe Leser*innen! Wenn Sie regelmässig unsere Beiträg*innen auf unserer Webseit*in, unsere Newsletter*innen oder unser*en Magaz*in lesen, ist es Ihnen bestimmt schon aufgefallen: In den Publikation*innen der Tonhalle-Gesell*in-schaft Zürich taucht seit einiger Zeit der Genderstern (pardon: die Genderstern*in) auf. Zwar nicht ganz so oft und sinnlos wie in diesen ersten Sätzen, aber doch so regelmässig, dass es manche stört. Nicht nur im Publikum übrigens, so viel dürfen wir hier verraten: Auch hinter den Kulissen des Tonhalle-Betriebs ist die Begeisterung über das Sternchen unterschiedlich ausgeprägt. Manche von uns verwenden es ganz selbstverständlich; andere machen sich einen Sport daraus, Texte so zu formulieren, dass kein einziges darin vorkommt.
Warum also publizieren wir diesen «Sternenhimmel», wie es ein Konzertbesucher mit Bezug auf einen besonders dicht besternten Text geradezu poetisch formuliert hat? Die Antwort ist von sehr irdischer Banalität: Man muss sich in dieser Angelegenheit nun mal für irgendeine Lösung entscheiden. Und in der internen Diskussion über die verschiedenen Varianten (Musikerinnen und Musiker, Musiker*innen, MusikerInnen, Musiker:innen, Musiker_innen) hat sich der Genderstern durchgesetzt.
Unsinnig oder wichtig oder beides?
Der Entscheid hätte auch anders ausfallen können, und auch dann hätte er den einen gepasst und den anderen nicht. Denn die Fronten in dieser Sprach-Debatte sind ähnlich verhärtet wie einst jene zwischen Wagnerianern und Brahmsianern. Der Stern störe den Lesefluss und sei sprachlogisch oft unsinnig, finden die einen. Aber das Thema, auf das er hinweise, sei wichtig, entgegnen die anderen. Recht haben beide – auch dies eine Parallele zu Wagner versus Brahms.
Damals hat sich irgendwann die Meinung durchgesetzt, dass tatsächlich an beiden was dran sei; der ideologisch-ästhetische Grabenkampf schrumpfte zur Geschmacksfrage. Das stimmt einen einigermassen hoffnungsfroh: Wer weiss, vielleicht wird man auch im aktuellen Sprach-Inklusions-Streit irgendwann zum Schluss kommen, dass ein Sternchen weder den Untergang der zivilisierten Welt noch das Ende aller Ungerechtigkeiten bedeutet. Man wird sich an das neue Zeichen gewöhnen mit der Zeit, oder es wird wieder verschwinden.
Bis dann gilt: Ob ein Text nun mit oder ohne Gendersterne geschrieben wurde – entscheidend ist, was dr*in steht.