Musik unter Strom
Ohne Strom geht heute fast nichts mehr, das gilt auch in der Tonhalle Zürich.
Bei einem Stromausfall bliebe es stockdunkel im Saal, es könnten keine Billette verkauft werden, und die Musiker*innen müssten sich mit einem Brecheisen den Zugang zum Backstage-Bereich verschaffen.
Ohne Strom wäre aber auch sonst vieles anders in der Musikwelt. Es gäbe zum Beispiel keine Aufnahmen und damit auch keine Möglichkeit, zu hören, wie Strawinsky seine eigenen Werke dirigierte oder wie die Stimme von Maria Callas klang. Nur wer selbst spielt, hätte Musik zu Hause. Ein Lieblingswerk könnte man nicht einfach hören, wenn man gerade Lust darauf hat, sondern müsste vielleicht jahrelang auf eine Aufführung warten. Und mehr noch: Es gäbe keine E-Gitarren und keine Verstärkeranlagen, also auch keine Rockmusik. Das Kapitel zur Musique concrète müsste man ebenfalls aus der Musikgeschichte streichen. Und niemand hätte je die ätherischen Klänge eines Theremins gehört.
Aber zum Glück wurden all die elektrischen Geräte und Instrumente erfunden, und zum Glück gibt es Musiker* innen, die sie fantasievoll zu nutzen verstehen. Der Komponist und E-Gitarrist Bryce Dessner setzt im Projekt «Electric Fields» Werke unter Strom, die noch zur Zeit von Fackeln und Öllampen entstanden sind. Das französische Quatuor Ébène verbündet sich unter dem Titel «Waves – acoustic meets electronic» mit einem Live-Elektroniker. Und das Schönste dran: Solche Kurzschlüsse über Stile und Jahrhunderte hinweg verursachen keinerlei Reparaturkosten.