E-Gitarre trifft Orchester
Bei der Schweizer Erstaufführung von Bryce Dessners «St. Carolyn by the Sea» wird der Komponist persönlich mit seiner E-Gitarre auf der Bühne stehen.
Berühmt wurde der Amerikaner Bryce Dessner als Gitarrist der Indie-Rock-Band The National, aber längst ist er auch als Komponist anerkannt. In dieser Saison wird er als Creative Chair ganz unterschiedliche Facetten seines Schaffens vorstellen. Unter der Leitung von Simone Young wird Bryce Dessner zusammen mit David Chalmin ein Doppelgitarrensolo aufführen – statt mit seiner Band mit unserem Orchester.
Aber vorher stellt sich Bryce Dessner erst einmal selbst vor – mit einem Fragebogen, der auf den legendären Vorlagen von Marcel Proust und Max Frisch basiert.
Wie würden Sie Ihr Instrument beschreiben?
Mein Instrument nimmt viele Formen an, denn ich schreibe gerne für Orchester, das ein riesiges Instrument ist. Ich schreibe auch gerne für Orgel, für Harfe oder für Kinderchöre. Das Instrument, das ich am liebsten spiele, ist die Gitarre. Aber wie ich sie benutze, entspricht eher der Art und Weise, wie ich für Orchester schreibe: Ich betrachte sie eher als Klangfarbe, als Textur und schaffe Überlagerungen. Ich mag das Gefühl von Vielfältigkeit und Pluralität in der Musik, wo man eine Art von Weite spüren kann, die vielleicht am ehesten mit der Natur vergleichbar ist. Wenn man auf das Meer oder auf die Berge schaut, kann man sowohl eine Einfachheit als auch eine Komplexität erkennen. Das ist der Grund, warum mich zum Beispiel das Orchester wirklich anspricht: wegen all der kreativen Möglichkeiten, die es gibt.
Wie wichtig ist Applaus für Sie?
Jeder mag Beifall. Jeder mag Anerkennung. Als Komponist und Interpret merke ich, wenn ein Stück funktioniert. Manchmal kann Applaus auch oberflächlich sein. Dann ist die langfristige Wirkung eines Stücks nicht so tiefgreifend. Und manchmal gibt es nur ein paar Beifallsbekundungen, aber es ist ein Stück, das bei den Leuten hängen bleibt und an das sie noch zwei Wochen später denken. Ich glaube, im 20. Jahrhundert gab es eine Geschichte von Komponisten, die dachten, Applaus sei nicht gut, denn wenn es den Leuten gefiel, dann war es nicht intellektuell genug. Ich halte das für ein bisschen albern. Es ist schön, wenn die Leute ein Stück geniessen und die Musiker*innen sich gefeiert fühlen. Ich wünschte, die Leute würden mehr applaudieren.
Haben Sie ein Ritual vor einem Konzert?
Ich habe vor einem Konzert gerne meine Gitarre in der Hand oder das Klavier, um einfach ein bisschen zu spielen. Normalerweise esse ich nach einem Konzert zu Abend. Nicht vorher. Ansonsten hängt es von dem Repertoire ab, das gespielt wird, und davon, wie stressig es ist.
Den ganzen Fragebogen finden Sie hier.