Holly Hyun Choe auf dem Sprung

Wenn Paavo Järvi mit dem Tonhalle-Orchester Zürich arbeitet, sitzt jeweils ein*e Assistant Conductor mit im Saal. Es sind junge Dirigent*innen, die von ihm lernen, ihn aber auch unterstützen: etwa indem sie die Klangbalance im Saal überprüfen oder das Gehörte mit den Partituren abgleichen. Gelegentlich dirigieren sie selbst – und dies auch nach Ende ihrer «Amtszeit».

In der laufenden Saison leiten gleich alle vier bisherigen Assistant Conductors das Orchester. Wo stehen sie heute? Und was nehmen sie aus ihrer Zürcher Zeit mit? Ihre Antworten auf diese Fragen sind so unterschiedlich wie sie selbst.

Holly Hyun Choe war in der Saison 2020/21 und 2021/22 Assistant Conductor beim Tonhalle-Orchester Zürich und dirigiert nun das Orchester beim Orpheum-Konzert.

Holly, wir sprechen uns im September 2024 – was für Projekte verfolgst du aktuell?

Zurzeit plane ich zwei Projekte mit meinem ensemble reflektor für das Fratopia Festival in Frankfurt am Main: Eines mit Billie Eilish-Arrangements und eines mit Beethovens Neunter – mit einem neu komponierten Schlusssatz der Komponistin Ying Wang.

Was hast du aus der Zeit als Assistant Conductor mitgenommen?

Erstens das umfangreiche Repertoire, zweitens die Dirigier- und Probentechniken eines der grössten Dirigenten der Geschichte und drittens die Psychologie, wie ein Dirigent mit dem Orchester kommuniziert. Darüber hinaus habe ich auch gelernt, wie die Organisation eines Orchesters funktioniert, mit den vielen Abteilungen. Das ist sehr wertvoll, wenn ich eines Tages einmal Chefdirigentin sein sollte.

Welche Begegnung mit dem Orchester ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Eine besonders schöne Erinnerung habe ich an die tonhalleLATE mit Musik von John Adams, die ich moderieren durfte. Es war eine grossartige Energie im Saal. Auch die anschliessende Techno- Party war unvergesslich, bei der Menschen aller Altersgruppen in der Tonhalle zusammen eine gute Zeit hatten.

Welcher Satz von Paavo Järvi begleitet dich bis heute?

Ich erinnere mich, dass wir viel über soziale Intelligenz gesprochen haben. Paavo kann atmosphärische Dinge sehr schnell wahrnehmen; auch Humor und Timing spielen eine grosse Rolle. Während eines angespannten Moments in einer Probe sagte er: «Es ist nicht wichtig, wer Recht oder Unrecht hat, es ist wichtiger, dass wir zusammen sind.» Das wird mir immer im Gedächtnis bleiben.

Was würdest du zukünftigen Assistant Conductors raten?

Lernt, mit Musiker*innen effizient und einfühlsam zu kommunizieren. Seid neugierig auf alles. Lernt die Musiker*innen des Tonhalle-Orchesters Zürich individuell kennen: Einige werden zu Mentor*innen, mit einer Fülle von musikalisch-technischem Wissen, als Quelle der Inspiration; andere werden zu guten Freund*innen – und wenn ihr Glück habt, sogar zu einem warmen Unterstützungssystem für eure Zukunft.