Connect

Tanzen mit neurologischen Herausforderungen

Nach einer erfolgreichen Pilotphase wird das vom Opernhaus und der Tonhalle-Gesellschaft Zürich lancierte Projekt fortgesetzt.

Connect ist ein Tanzprojekt für Menschen, die mit neurologischen Herausforderungen wie Multiple Sklerose (MS) oder Parkinson leben. Der Impuls dazu kam von der Ballettdirektorin des Balletts Zürich, Cathy Marston, die mit ihrem Ballett The Cellist die Lebensgeschichte der an MS erkrankten und früh verstorbenen Jacqueline du Pré erzählt. In Zusammenarbeit mit mehreren Partner*innen wurde ein Tanztraining für Menschen mit neurologischen Herausforderungen entwickelt: Musiker*innen des Tonhalle-Orchesters Zürich begleiten einzelne Sessions. Die Trainings basieren auf der langjährigen Expertise der Dance & Creative Wellness Foundation, mitgestaltet werden sie von Mitgliedern der freien Tanzgruppe The Field. Dieses für Zürich und die Schweiz einmalige Projekt wird nach einer erfolgreichen Pilotphase in der Saison 2024/25 fortgesetzt.

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Warum Tanz und Musik?

Jüngste neurologische Forschungen sehen den Tanz als ideale Intervention bei neurologischen Krankheiten und Störungen wie MS oder Parkinson an. Sie betonen die Rolle von Tanz und Musik bei der Bewältigung motorischer Hürden sowie bei der Verbesserung des psychosozialen Wohlbefindens und der Lebensqualität. Die kreative Praxis und der Ansatz des Projekts Connect beruhen auf evidenzbasierter Forschung im innovativen Schnittbereich von Tanz und Neurologie. Bewegung bietet den Teilnehmenden die Möglichkeit, Verbindung mit sich und ihrer Umgebung zu schaffen. Tanzen formt und fördert Ausdruck, Körperhaltung und die eigene Kreativität.

Connect in der Saison 2024/25

Ab Herbst 2024 finden wöchentlichen Trainings in drei Gruppen statt. Diese werden von professionellen Tanzschaffenden mit entsprechender Expertise geleitet. Musiker*innen des Tonhalle-Orchesters Zürich werden in ausgewählten Sessions für Live-Musik sorgen. Inhaltlich konzentrieren sich die Trainings von Connect jeweils über mehrere Wochen auf eine Choreografie des Balletts Zürich oder ein musikalisches Programm des Tonhalle-Orchesters Zürich. In den Sessions untersuchen die Teilnehmenden diese Werke aus verschiedenen Perspektiven unter der Anleitung der unterrichtenden Künstler*innen. Die Teilnehmenden können so in eine musikalisch und tänzerisch inspirierende Umgebung eintauchen.

Das Erlebnis wird bereichert durch gemeinsame Besuche von Proben im Opernhaus und in der Tonhalle Zürich ergänzt.

Die wöchentlichen Tanzstunden finden jeweils am Freitagnachmittag in Räumen der Tonhalle-Gesellschaft statt.

Interesse an Connect?

Die Plätze für die Saison 2024/25 sind bereits ausgebucht, denn es haben sich in den letzten Monaten sehr viele interessierte Betroffene bei uns gemeldet und sich auf die Warteliste von Connect setzen lassen.

In der Schweiz gibt es, anders als in vielen anderen Ländern, noch sehr wenig Tanzangebote für Menschen mit Parkinson. Für Menschen mit MS ist Connect unseres Wissens bisher das einzige Tanztraining in der Schweiz. Wir nehmen das grosse Interesse von so vielen Betroffenen auch als Auftrag wahr, andere Institutionen und Tanzschaffende zu motivieren, Tanzangebote für Menschen mit MS, Parkinson und anderen neurologischen Herausforderungen in Zürich und anderen Regionen der Schweiz anzubieten, damit möglichst viele Betroffene tanzen können.

In den nächsten Wochen werden wir hier einen Link zu anderen Tanzangeboten für Menschen mit neurologischen Herausforderungen veröffentlichen.

Bei Interesse am Projekt und Tanzangeboten in der Schweiz können Sie sich hier für weitere News anmelden.

Patronat

Cathy Marston, Ballettdirektorin und Chefchoreografin Ballett Zürich
Ilona Schmiel, Intendantin Tonhalle-Gesellschaft Zürich

Kooperation

Wissenschaftliche Beratung

Unterstützt von

Fragen und Antworten

Warum sollen Menschen mit neurologischen Herausforderungen tanzen?

Tanzen ist eine überaus vielfältige Tätigkeit. Sie verbindet physische, kognitive, kreative und soziale Aspekte. Tanzgruppen für Parkinson-Patient*innen gibt es seit 2001; ausgehend von einer New Yorker Gruppe hat sich die Idee mittlerweile auf allen Kontinenten ausgebreitet. Seit 2019 kamen ausgehend von einem schottischen Programm Tanzgruppen für Menschen mit Multipler Sklerose dazu. Connect ist das erste entsprechende Projekt in der Schweiz.

Ist Connect eine Tanztherapie?

Nein. Die Teilnehmenden werden als Tänzer*innen, nicht als Patient*innen angesprochen. Es haben aber alle Personen, welche die Trainings leiten, eine Expertise für die besonderen Herausforderungen dieser Trainings.

Was bewirkt Tanzen bei Parkinson-Patient*innen?

Bei Parkinson verursacht ein Dopamin-Defizit verschiedene Symptome: etwa die Schwierigkeit, Bewegungen gewollt zu initiieren und flüssig fortzusetzen, oder Gleichgewichtsprobleme. Weitere Stichworte sind Verlangsamung, Zittern, Freezing (wenn man sich bewegen möchte, aber nicht kann). Über 2000 Studien haben inzwischen belegt, dass körperliche Aktivitäten den Krankheitsverlauf verlangsamen können. Das ist auch deshalb wichtig, weil es bis heute keine Medikamente oder operative Massnahmen gibt, die das können. Das Tanzen gilt als besonders effektiv – weil es verschiedene Aspekte verbindet (u.a. Gleichgewicht, Koordination, flüssige Bewegungsabläufe, soziale Interaktion); dazu kommt die Musik, die als externer Taktgeber funktioniert und den Verlust eines inneren Taktgebers ersetzt, was insbesondere bei Freezing-Problemen helfen kann.

Was bewirkt Tanzen bei MS-Patient*innen?

Multiple Sklerose ist eine Krankheit mit ganz unterschiedlichen Symptomen und Verläufen. Es kommt zu Gleichgewichtsstörungen, Lähmungen, Gefühlsstörungen. Die Krankheit verläuft in der Regel schubweise; Symptome können wieder verschwinden, der gesundheitliche Zustand kann sich aber auch kontinuierlich verschlechtern. Es gibt inzwischen Medikamente und Therapien, die Krankheitsschübe effektiv verhindern können. Aber es gibt schwelende Entzündungen, die eine fortschreitende Behinderung verursachen können. Tanzen gilt auch für diese Krankheit als hilfreiche Tätigkeit, die neuroprotektiv oder gar neuroregenerativ wirken kann. Auch beim Fatigue-Symptom oder bei Konzentrationsschwierigkeiten, unter denen MS-Patient*innen teilweise leiden, kann Tanzen zu Verbesserungen führen.

Lassen sich solche Resultate belegen?

Ja. Studien haben gezeigt, dass Tanzen für das Gehirn besser zu sein scheint als normales Training. Mit bildgebenden Verfahren liessen sich Veränderungen in der kortikalen Struktur nachweisen, auch über Blutmarker lässt sich zeigen, dass es solche Veränderungen gibt.

Welche Wirkungen hat Tanzen neben den physischen Resultaten?

Tanzen macht Freude – schon kleine Kinder setzen jeden Rhythmus in Bewegung um. Tanzen kann auch bei Menschen mit neurologischen Herausforderungen die Stimmung verbessern, das Selbstwertgefühl stärken, die allgemeine Lebensqualität erhöhen. Dabei helfen neben dem Tanzen an sich auch die sozialen Kontakte in den Tanztrainings. Und: Tanzen hat im Unterschied zu pharmakologischen Massnahmen keine Nebenwirkungen.

Was ist das Besondere an Connect?

Es sind drei Aspekte: Erstens werden einige Tanztrainings von Musiker*innen des Tonhalle-Orchesters Zürich begleitet. Zweitens werden die Teilnehmenden zusätzlich zu den Trainings zu Probenbesuchen im Opernhaus Zürich und in der Tonhalle Zürich eingeladen und erhalten so einen Einblick in diese Kulturbetriebe. Und drittens sind mit dem Projekt Weiterbildungen für Musiker*innen und Tänzer*innen verbunden – in der Hoffnung, dass es künftig in der Schweiz mehr solche Anlässe geben kann.

Sind die Trainings ausschliesslich für Patient*innen mit Parkinson und MS gedacht?

Grundsätzlich ja. Es gibt aber im Anmeldeformular die Möglichkeit, auch andere neurologische Diagnosen zu notieren. Wir werden in diesen Fällen schauen, ob eine Teilnahme in diesem Rahmen sinnvoll ist.

Wie werden die Teilnehmenden ausgewählt?

Einerseits spielt die Reihenfolge der Anmeldung eine Rolle, andererseits geht es auch um eine ausgewogene Zusammensetzung der Gruppe. Wer keinen Platz erhält, kommt auf eine Warteliste.

Welche körperlichen Voraussetzungen müssen gegeben sein?

Es gibt keine Grenzen; man kann die Tanztrainings auch im Rollstuhl oder mit Rollator besuchen.

Gibt es Behindertenparkplätze bei der Tonhalle?

Ja.

Wie soll man sich für die Trainings anziehen?

Möglichst bequem.

Wie läuft ein Connect-Training genau ab?

Eine halbe Stunde vor Beginn ist der Vereinsaal offen, es gibt Kaffee und Kekse für jene, die dann bereits eintreffen. Das eigentliche Training dauert eine Stunde. Danach kann man den Anlass noch einmal bei einem Kaffee ausklingen lassen.

Wie oft muss man trainieren, damit es etwas nützt?

Studien haben ergeben, dass zwei einstündige Trainings pro Woche ideal wären. Connect kann aus organisatorischen Gründen nur ein Mal pro Woche stattfinden. 

Können Begleitpersonen bei den Trainings dabei sein?

Damit die Trainings für die Teilnehmenden einen geschützten Rahmen bieten, können Begleitpersonen in der Regel nicht zuschauen. 

Werden die Resultate von Connect evaluiert?

Eine wissenschaftliche Evaluation ist nicht vorgesehen; das Projekt wird aber von Ärztinnen des Universitätsspitals Zürich beratend begleitet. Und auf jeden Fall gibt es am Ende jeder Saison eine Befragung, bei der die Teilnehmenden ihre Rückmeldungen geben können.

Wie ist Connect versicherungstechnisch organisiert?

Die Versicherung ist Sache der Teilnehmenden.

Das «Connect»-Team im Video
Wir danken unseren Partnern